Vorbereitungen für Vorabiklausuren per Zollstock

Veröffentlicht am 22. April 2020

Europa-Gymnasium Warstein bereitet sich auf Schulbeginn am Donnerstag vor

Eigentlich war der alte Zollstock aus den Tiefen des Sekretariat-Schranks nur als Zierde für das Pressefoto gedacht, am Ende aber war er wichtiges Hilfsmittel beim Lösen einer unerwartet schwierigen Denksportaufgabe: Mehr als eine halbe Stunde dauerte es, bis im Oberstufen-Flur des Europa-Gymnasiums Schulleiter Bernd Belecke, seine Stellvertreterin Silke Gillhaus und Oberstufen-Koordinator Markus Schröder den Muster-Klassenraum den Corona-Hygieneanforderungen entsprechend umgestaltet hatten. Wenn am morgigen Donnerstag die ausgefallenen Vorabiklausuren nachgeholt werden, können nun alle maximal sechs Prüflinge sowie die Lehrperson den vorgeschriebenen Mindestabstand einhalten.

Warsteiner Anzeiger, 22. April 2020, Christian Clewing

59 Abiturientinnen und Abiturienten der Stufe Q2 des Europa-Gymnasiums Warstein werden morgen ihre Vorabiklausuren im dritten Abiturfach schreiben. Dies stand eigentlich bereits vor den Osterferien im Terminplaner, doch machten die Schulschließungen aufgrund der Corona-Ausbreitung einen Strich durch den Kalender. Wenn die Mädchen und Jungen nun nach mehr als fünfwöchiger Pause – die Osterferien inklusive – wieder in ihre Schule kommen, wird einiges anders sein als im vorherigen Schulalltag und bei bisherigen Prüfungen: Der Zugang wird nur durch eine Haupteingangs-Tür möglich sein. Dort wird ein Lehrer nicht nur auf die Einhaltung des Sicherheitsabstandes achten, sondern auch darauf, dass sich alle sofort die Hände desinfizieren. Anschließend geht es direkt in die Prüfungsräume. Wo die sind, darüber werden alle vorher informiert. Und es wird, wie Oberstufenkoordinator Markus Schröder erklärt, auch einen schriftlichen Sitzplan geben. „Damit wir gegebenenfalls Infektionsketten nachverfolgen können.“ Doch soweit soll es erst gar nicht kommen, darüber wacht mit Argusaugen Silke Gillhaus als Corona-Beauftragte. Sie weist, auch wenn alle Schülerinnen und Schüler bereits informiert wurden, nochmal ausdrücklich auf die Verhaltensregeln hin: „Keine Begrüßungsrituale, an die Husten- und Niesetikette denken, Abstand halten auf dem Schulweg ebenso wie auf dem Schulhof. Und wer Symptome hat, kommt erst gar nicht!“

Damit beim Schreiben der Klausuren in den Klassenräumen – diese werde übrigens vor wie auch nach den Prüfungen fachgerecht gereinigt – auch alle Abstandsregeln eingehalten werden können, sind maximal sechs Schülerinnen und Schüler pro normalem Klassenraum zulässig. „Gebrieft wurden auch die Lehrerinnen und Lehrer nochmal“, so Silke Gillhaus, dazu gehört auch die Anweisung, „ein Mal pro Stunde quer zu lüften, um die Erreger zu minimieren“. In allen Prüfungsräumen sind Flüssigseifenspender und Einmalhandtücher am Waschbecken verfügbar, damit man sich entsprechend der Hygieneempfehlungen die Hände waschen kann. Einzige Ausnahme bildet das große Forum: Dort werden – natürlich auch mit Abstand – mehr Prüflinge untergebracht, dort ersetzt Desinfektionsmittel die Handwaschmöglichkeit.

Auch das Thema „Vorerkrankungen“ war von Schulleiter Bernd Belecke und seinem Team bei den Prüfungsvorbereitungen zu berücksichtigen – sowohl auf Schüler- wie auch auf Lehrer-Seite. Die Nachfrage bei den Schülerinnen und Schülern ergab bis gestern Mittag eine Rückmeldung, die dazu führt, dass aus Sicherheitsgründen ein „Einzelzimmer“ eingerichtet wird. Wer möchte, darf natürlich am Donnerstag einen Nasen-Mundschutz tragen. „Das wird empfohlen, aber nicht vorgeschrieben“, so Bernd Belecke: „Das muss jeder für sich entscheiden.“ Das gilt auch für das Lehrerkollegium: „Einige werden mit Mundschutz Aufsicht führen“, so der Schulleiter, eine verbindliche Regelung dazu gebe es aber nicht. Einsetzbar ist dabei aber nicht das komplette Kollegium, denn auch dort wurde eine Risikobewertung vorgenommen: Wer ist schwanger, wer hat Vorerkrankungen, wer hat Angehörige mit Vorerkrankungen? Dieser Personenkreis darf auf keinen Fall in die Schule kommen – im Gymnasium aktuell rund 20 Prozent des 60-köpfigen Kollegiums. Auch die „Ü 60“ dürfen nach den aktuellen Richtlinien nicht eingesetzt werden – es sei denn, sie erklären ausdrücklich, dass sie mitmachen wollen. Und da freut es Bernd Belecke, dass er auch in dieser schwierigen Zeit auf das große Engagement der altgedienten Lehrkräfte bei der Beaufsichtigung setzen kann.

Während der Schulbesuch und die Prüfungsteilnahme morgen zum Pflichtprogramm gehören, folgt danach ab Freitag eine gut zweiwöchige Phase mit Trainingsangeboten vor den Abiturprüfungen. „Da gibt es keine Teilnahmeverpflichtung“, so Bernd Belecke. Noch bis zum heutigen Mittwoch laufe die Abfrage, wer nicht daran teilnehmen möchte, muss dies schriftlich erklären. Am 8. Mai ist dann der letzte Schultag, an dem die Schülerinnen und Schüler dann auch erfahren, ob sie die Zulassung zum Abitur bekommen haben. Vom 12. bis zum 28. Mai werden dann die Klausuren geschrieben, anschließend sind die Nachprüfungen terminiert.

Klassenräume mit Mindestabstand feiern nun bei den Abiturienten Premiere und dienen möglicherweise auch demnächst als Beispiel für einen stark veränderten Schulbetrieb. Bis es aber so weit ist, dass die Mädchen und Jungen wieder in das Gebäude dürfen, werden weiterhin Aufgaben per Email verschickt. Inzwischen haben einige Lehrerinnen und Lehrer auch bereits Videounterricht ausprobiert, der ausgebaut werden soll. „Das macht Spaß“, so Bernd Belecke, „mit diesen Medien sind alle gut unterwegs – sowohl Schüler wie auch Lehrer.“ Gleichwohl, da machen Silke Gillhaus, Bernd Belecke und Markus Schröder keinen Hehl draus, freuen sie sich auf den Zeitpunkt, wenn endlich wieder Leben in dem Gebäude am Schorenweg einkehrt. Auch wenn das erstmal auf absehbare Zeit nicht mehr so sein wird, wie bis Anfang März noch war.

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