Ehemalige Gymnasiasten schwelgen in Erinnerungen an ihre Schulzeit in Warstein
Sie saßen wie vor mehr als sieben Jahrzehnten im Filmklassiker rund um den Topf mit Feuerzangenbowle und blickten auf die „gute alte Zeit“ zurück: Beim „Abend der Erinnerung“ im Forum des Europa-Gymnasiums ließen – moderiert von Werner Braukmann und Dietmar Lange – Marco Hesse, Joseph Valentine, Birgit Vitale, Hartmut Kaczmarek und Reinhard „Molly“ Wienand ihre Schulzeit Revue passieren.
Text u. Fotos: Christian Clewing, Warsteiner Anzeiger, 27.09.2019
Seit 150 Jahren gibt es in Warstein „Höhere Bildung“ – aus diesem Anlass initiierte das Europa-Gymnasium auch den „Abend der Erinnerung“, federführend organisiert von Lehrerin Stefanie Koch (Abi 2005). Mit Werner Braukmann (Abi 1970) und Dietmar Lange (Abi 1978) fand Schulleiter Bernd Belecke (Abi 1978) auch zwei wortgewandte Moderatoren, die nicht nur mit (Schul-)Geschichte, sondern auch mit Geschichten aus der Schule dienen konnten. Für die Bewirtung sorgten am Mittwochabend Mädchen und Jungen aus der aktuellen Q2 (Abi 2020), den musikalischen Rahmen übernahm spontan „Gospel spontan“ mit Pastor i.R. Volkert Bahrenberg, Willi Bahrenberg (Abi 2001), Till Braukmann (Abi 2000), Ingo Frank (Abi 1990) und Alexander Schmidt (Volkert Bahrenberg: „Der hatte Pech, der hat in Rüthen Abitur gemacht…“)
Wie einst Heinz Rühmann als Oberprimaner Hans Pfeiffer würde der junge Warsteiner auch gerne an die Schule zurückkehren: „Vor allem die Oberstufe war super. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich sie noch mal machen…“
Dienstältester rund um die Feuerzangenbowle war Reinhard „Molly“ Wienand: Er war 1968 Abiturient und später viele Jahre Lehrer (Braukmann: „Für Mathe und…?“ Wienand: „Nix!“) zusammen mit seiner Frau. „Wie ist das so als Ehepaar?“, interessierte Dietmar Lange, wenn man die Partnerin nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Beruf um sich hat: „Kein Problem“, so Wienand, aber: „Man unterhält sich natürlich auch zuhause über die Schule. Aber wir hatten zum Glück Kinder, die haben dann gesagt, wir sollen das lassen…“ Eng verbunden mit „Molly“ ist auch seine rote, 29 Jahre alte „Ente“. „Das ist kein Kult“, widersprach er aber Braukmann, „das ist ein Gebrauchsgegenstand.“ Und der ist sehr markant: „Ich kann mich in Warstein nicht unbemerkt bewegen…“
In Erinnerung an die eigene Schulzeit geblieben ist ihm ein „Umbruch im Kollegium“ Anfang, Mitte der 60er Jahre: „Da kamen die Jüngeren.“ Und die führten zu Veränderungen, so Werner Braukmann: „Damals gab es erstmals Lehrer ohne Krawatte“. Und noch etwas wurde Mode: Cordhosen. „Wir haben euch bewundert“, gestand Dietmar Lange ein mit Blick auf die 68er-
Jugend. Die war damals auch auf dem Land revolutionär. Nicht nur, dass zur Kommunion während der Messe in der Alten Kirche auf der Orgel die Melodie eines im Rundfunk verbotenen, weil anzüglichen, französischen Liedes gespielt wurde, auch im Rahmen der Schülermitbestimmung wurde man aktiv und setzte etwas durch, „wofür man sich heute schämt“, wie Braukmann eingestand: ein Raucherzimmer.
1973 erhielt Hartmut Kaczmarek, gebürtiger Suttroper, sein Reifezeugnis in Warstein, seit der Wendezeit lebt er als Journalist in Thüringen. Erinnerungen an die Schule kämen immer mal wieder hoch – insbesondere an „prägende Gestalten wie Dr. Sandgathe“.
Der habe ihm als Schüler immer wieder mit dem Rotstift „zu journalistischer Ausdruck“ an die Klassenarbeiten – „das stand quasi an jedem Aufsatz“ – geschrieben, während Michael Bialas als damaliger Redaktionsleiter der Westfalenpost ihm als freier Mitarbeiter immer wieder vorhielt, er müsse ein „bisschen flotter, nicht so steif“ schreiben. Vor dem Einstieg in den Journalismus kam erst das Studium Geschichte und Politikwissenschaften, für die Lehrerlaufbahn entschied er sich aber nicht. Die mitunter harte Schule des Dr. Sandgathe habe ihm im Studium aber doch geholfen: „Es schien mir damals langweilig, aber es hat doch etwas gebracht.“
Mit 27 Mädchen und sechs Jungs startete 1974 Birgit Vitale (Kußmann) ihre Zeit im Gymnasium (Abi 1984), in das sie später als Mutter zurückkehrte: „Es war toll, wieder in die Schule zu kommen.“ Ihre Tochter machte 2014 Abi, ihr Sohn ist jetzt in der Oberstufe. In Erinnerung geblieben ist ihr selbst vor allem der Schüleraustausch mit England. „Das war ein Abenteuer“, denn Ende der 1970er Jahre sei Reisen, insbesondere ins Ausland, etwas seltenes gewesen. Für „tolle Erlebnisse und Freundschaften teilweise bis heute noch“ sei sie sehr dankbar.
An eine „tolle Zeit“ und „schöne Geschichten“ erinnert sich auch Joseph Valentine (Kurusumuthu) gerne zurück. „Viele Menschen haben mich hier auf den rechten Weg gebracht.“ Vor seiner Zeit in Warstein gab es zahlreiche Schulwechsel. Und auch die Zeit in Warstein war nicht ganz reibungslos, aber mit dem Abi 2005 doch erfolgreich: Frisch an der Schule wurde er als Schülersprecher gewählt („Ich wollte die Welt verbessern, alles besser machen. Das kam an.“), aber bereits nach vier Tagen wieder abgesetzt. Zwei Jahre später wurde er erneut gewählt, dann für eine volle Amtszeit.
Jüngster in der Runde war Marco Hesse (Abi 2013), der sich an „viele witzige Geschichten“ (der „Sportkurs Testosteron“ habe „getanzt, bis die Achillessehne riss“) und „auch das ein oder andere Original“ erinnerte. „Ich war immer gerne hier“, resümierte er, „es war eine durchweg gute Zeit.“
Neben den „Zeitzeugen“ auf der Bühne, gab es aber auch zahlreiche im Publikum. Dazu zählte auch Irmgard Krone (Abi 1953), die in der letzten Woche ihren 88. Geburtstag feierte: „In der kalten Jahreszeit haben wir Holz oder Kohle mitgebracht“, erinnerte sie sich an die Kriegs- und Nachkriegszeit. Großes Lob äußerte sie über ihre damaligen Lehrerinnen und freute sich, dass das auch offenbar heute noch im Europa-Gymnasium gelebt wird: „Ich habe viel Respekt vor den Lehrern, die ich als sehr, sehr gewissenhaft in ihrer Arbeit erlebt habe…“
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