Im Forum des Europa-Gymnasiums zeigte das Gros der mehr als 100 Besucherinnen und Besucher aus allen Altersgruppen mit ihrem Kommen deutliches Interesse an verstärktem Engagement in Sachen Klimaschutz. Eine ganze Reihe von Initiatoren aus verschiedenen Ortschaften der Stadt Warstein hatte die Klimaschutz-Veranstaltung ins Leben gerufen. Als Mitveranstalter engagierten sich das Europa-Gymnasium sowie die Eine-Welt-Gruppe Belecke.

Schulleiter Bernd Belecke wies in seiner Begrüßung auf die große Bedeutung des Themas, gerade da die Schülerinnen und Schüler ihre Zukunft vor Augen hätten. Im Europa-Gymnasium intensiviert eine Klima-Arbeitsgemeinschaft unter Leitung von Ann-Kristin Schulte die Auseinandersetzung mit der Thematik. Dass die Klimafolgen längst an der Schule selbst angekommen ist, machte Bernd Belecke an einem Beispiel deutlich. „Wir haben es im Sommer sogar beim Thema Hitzefrei gemerkt. Hätten wir es umgesetzt, die Schüler bei 27 Grad nach Hause zu schicken, wären viele Unterrichtstage ausgefallen.“

Theo Sprenger, Vorsitzender der Eine-Welt-Gruppe, die in Belecke seit vielen Jahren den Eine-Welt-Laden betreibt, verwies auf den von seiner Gruppe durchgeführten „Workshop für Klima und Gerechtigkeit“. Sieben Monate lang hatten er und seine Mitstreiter die Themen Wohnen, Konsum, Ernährung und Mobilität genau unter die Lupe genommen. Dazu hatten sie einen Katalog von Empfehlungen zu den Bereichen Ernährung, Konsum und Mobilität erarbeitet. „Der größte Treiber für die Umweltkrise ist das Wachstumsmodell. Davon müssen wir abkommen“, sagte Theo Sprenger.

Die von Dr. Engelhardt zu Beginn des Abends vorgetragenen Fakten belegten die besorgnis erregenden Temperaturveränderungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte und stellten Zusammenhänge mit dem Abschmelzen des Arktis-Eises und dem Auftauen des Permafrost-Bodens her. Am Beispiel dieses Sommer schilderte er die Gefahren des sich verändernden „Jet-Streams“ in den obersten Schichten der Atmosphäre und in der Folge des sich abschwächenden Golfstroms. „Wir verlieren unsere Wärmepumpe. Die trockenen Sommer sind die ersten Anzeichen.“ Es drohe, dass der Golfstrom in den nächsten 20 bis 30 Jahren zum Erliegen komme. Dann werde sich das Klima derart ändern, dass sich die Mitteleuropäer auf „gewaltige Temperaturschwankungen“, ähnlich wie heute in Sibirien, einstellen müssten. Sein Appel: „Wir brauchen Gegensteuermaßnahmen.“ Dies sei „alternativlos“. „Wenn wir das Klima nicht stabilisieren, ist der Käse gegessen.“

Diese Dringlichkeit sieht auch Dr. Fabian Humpert, der seit 2018 Klimamanager der Stadt Verl ist. Seine Erkenntnis: „Wir alle können etwas dagegen tun.“ Auch er sieht die Notwendigkeit einer breiten Bürgerbewegung. Die nötigen Veränderungen seien nicht nur ein „Riesenaufgabe für die Kommune“, sondern „das müssen wir alle tun!“ Im Kern gehe es um konsequenten Verzicht aufs Verbrennen. So bestand seine erste Aufgabe in Verl darin, überhaupt erst einmal zu ermittel, wieviel Treibhausgase eine Kommune ausstößt. Dabei war es besonders schwierig, den Anteil der Landwirtschaft zu ermitteln. Eins ist für ihn unstrittig: Das Ende der fossilen Energieträger müsse so schnell wie möglich kommen. Aus seiner Sicht ist dies am besten und schnellsten möglich mit Freiflächen-Photovoltaik sowie Windkraft. Denn: „Wir haben ein wahnsinniges Zeitproblem.“ Für seine Stadt Verl hat er eine Konzept zur Klimaneutralität bis 2029 erarbeitet, das in der nächsten Ratssitzung in Verl verabschiedet und dann so schnell wie möglich umgesetzt werden soll.

Für ihn als Klimaschutzmanager sei die Kernfrage: „Wie organisieren wir das alles.“ Für Verl gebe es einen enormen Bedarf an elektrischer Energie, weil seine Stadt wirtschaftliches Wachstum einrechne. Erreicht werden soll eine 80-prozentige Autarkie. Dabei sieht er in der anstehenden Umstellung auch große Chancen. Für ihn gehe es um „wirtschaftlichen Klimaschutz“. Dabei bleibe im besten Fall der „Benefit in der Region“.

„Bewegt“ vom Vortrag des Klimafolgenforschers Dr. Engelhardt und „beeindruckt“ von den Erläuterungen des Klimaschutzmanagers zeigte sich Bürgermeister Dr. Thomas Schöne. „Wir haben das Geld nicht für einen Klimaschutzmanager“, bekannte er. Bei seinem Versuch, eine Förderung zu bekommen, sei der Kreis Soest leider schneller gewesen, so dass die Kommunen nunmehr mit ihren Förderanträgen hinten an stünden. Es stehe außer Frage: „Wir brauchen ein Bewusstsein für diese Herausforderungen.“ Das aber könne man nicht staatlich verordnen. Die Kommune allein sei überfordert. „Das kann nur die Zivilgesellschaft schaffen!“ Dabei wandte er sich direkt an die Anwesenden: „Wir brauchen Sie und Euch, um diesen Weg zu gehen! Aber es wird eine Menge kosten.“ Was das Thema Windkraft angeht, sei er seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine ins Grübeln gekommen. „Gibt es vielleicht ein ‘Sowohl, als-auch’? Ist es möglich wir bauen Windkraft und pflanzen Bäume darunter?“ Er werde sich „in den nächsten zwei Monaten entscheiden“, kündigte Dr. Schöne an.