Mika Sprenger, 17 Jahre alt, kommt aus Sichtigvor und hat in diesem Jahr sein Abitur am Europa-Gymnasium abgelegt. Ab dem 1. Oktober wird er an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen den Studiengang „Wirtschaftsingenieurwesen, Fachrichtung elektrische Energietechnik“ belegen. Der Grund dafür: „Weil ich BWL zu langweilig fand und noch einen ingenieur-technischen Ansatz wollte“, sagt er.

Außerdem sei die Verschmelzung von Technik und Wirtschaft sehr gefragt. Eine Ausbildung sei für den 17-Jährigen keine Option gewesen, auch das duale Studium käme am Ende nicht mehr in Frage, „obwohl es eigentlich recht attraktiv war“. Der Sichtigvorer habe sich auch mit anderen Perspektiven beschäftigt, beispielsweise Praktika im Bereich Jura absolviert, sähe seine Interessen jedoch im gewählten Studiengang am besten widergespiegelt. Außerdem könne er sich auch nach dem Studium vorstellen, in der Branche zu arbeiten, da sie einen breit gefächerten Arbeitsmarkt biete.

Einen anderen Weg geht Rebekka Menke aus Hirschberg. Die 18-Jährige startet am 1. September ein duales Studium als Diplomfinanzwirtin bei der Finanzverwaltung NRW mit dem Standort Brilon. Das duale Studium habe ihr aus verschiedenen Gründen sehr gefallen. „Es ist vielseitiger als ein normales Studium, da die praktischen Aspekte schrittweise an die theoretischen Aspekte angeknüpft werden“, sagt die Hirschbergerin. Man werde vielseitig eingesetzt und lerne außerdem viele verschiedene Bereiche des Finanzamts kennen. Auch die Aussicht, schnell verbeamtet zu werden und sich innerhalb der Finanzverwaltung weiterbilden zu können, hätte zu ihrer Entscheidung geführt und sorge dafür, dass sie auch nach dem Studium „gerne beim Finanzamt weiterarbeiten würde“.

Yannis Hagemann aus Suttrop hat sich im Gegensatz zu seinen beiden ehemaligen Klassenkamerad/innen für eine Ausbildung entschieden. Seit dem 1. August 2022 ist der 18-Jährige Auszubildender beim Dachdecker Bathe & Co GbR in Suttrop. Für ihn sei es wichtig gewesen, etwas zu finden, womit er sich identifizieren könne und nicht ein Studium anzufangen, nur weil er Abitur habe. Der Suttroper habe sich zwar auch mit anderen Möglichkeiten auseinandergesetzt, für die Ausbildung entschieden habe er sich letzten Endes aber aus mehreren Gründen. Handwerkliche Berufe seien von vornherein interessant gewesen, da er „lieber praktische Arbeit“ verrichte, als sich, wie noch zu Schulzeiten, zu Hause hinzusetzen, um Dinge auswendig lernen. Dazu käme ein kurzer Weg zur Arbeit, der es Yannis ermögliche, weiterhin zu Hause wohnen zu können. Außerdem kannte er bereits zuvor den ein oder anderen Mitarbeiter, weshalb es leicht fiel, den Kontakt aufzubauen. Die Frage, ob er sich vorstellen könnte, über die Ausbildung hinaus als Dachdecker tätig zu sein, bejaht er: „Natürlich kann ich mir das vorstellen, sonst würde ich die Ausbildung nicht machen. Ich würde auf jeden Fall gerne im Handwerk bleiben, ob als Dachdecker, wird sich im Laufe der Zeit zeigen.“

Wie gehen die drei Jugendlichen mit etwaigen Problemen von Auszubildenden und Studierenden um? Dabei geht es natürlich vor allem um die finanzielle Situation sowie die Suche nach einer Wohnung.

Für Mika stelle bisher beides kein Problem dar. Er habe die letzten zwei Jahre während der Schulzeit bereits gearbeitet und sich so einiges an Geld angespart. Zur Not könne er außerdem auf die Unterstützung seiner Eltern bauen. Bei der Wohnungssuche sei er zu Beginn zwar sehr weit hinten auf der Warteliste für die Studentenwohnheime gewesen, privat sei die Suche dann aber sehr schnell gegangen und er habe die erste Wohnung sofort bekommen.

Auch für Rebekka und Yannis stellen beide Aspekte kein Problem dar. Beim dualen Studium werde der 18-Jährigen sowohl die Unterkunft, als auch die Verpflegung von der Finanzverwaltung gestellt und während der Praxisphasen in Brilon könne sie zu Hause wohnen. Des Weiteren müsse sie keinen Nebenjob oder Ähnliches annehmen, da sie im dualen Studium bereits eine Vergütung erhalte.

Für Yannis, dessen Ausbildungsstelle in unmittelbarer Nähe zu seinem Elternhaus steht, werde sich demzufolge an der Wohnsituation vorerst nichts verändern und auch er bekomme von Beginn an eine Ausbildungsvergütung.

Was sehen die drei als die größte Umstellung an und wie gehen sie generell mit den Veränderungen um?

Mika spricht von einer großen Umstellung und viel Respekt vor dieser. Am meisten vermissen werde er wohl sein gewohntes Umfeld, seine Freunde und die gemeinsame Zeit, die man in und nach der Schule gemeinsam verbracht hat. Aber dennoch sagt er: „Um etwas Neues anfangen zu können, muss man die eigene Komfortzone auch mal verlassen.“

„Ich habe schon Respekt davor, wegzuziehen“, sagt Rebekka. Dadurch, dass sie für die Wochenenden und praktischen Abschnitte nach Hause könne, sei dies allerdings nicht allzu schlimm. Außerdem sei man im Studium wie in Klassen aufgeteilt, weshalb man auch schnell neue Kontakte knüpfen könne. Das Leben im Studentenwohnheim führe ebenfalls zu einem regen Austausch zwischen den Studierenden.

Vor allem die körperliche Arbeit stelle für Yannis die größte Veränderung dar. Zusätzlich könne man aufgrund des veränderten Tagesablaufs „auf jeden Fall von einer großen Umstellung sprechen“. Auch, weil viele seiner Freunde von zu Hause wegziehen werden, sagt er.

Wie geht ein Jahrgang, dessen Oberstufe fast vollständig vom Corona-Virus bestimmt worden ist, damit um und wie hat sich das Virus möglicherweise auf die Entscheidungsfindung ausgewirkt?

„Corona hatte keinen Einfluss auf meine weiteren Entscheidungen“, sagt Mika. Er hätte sich wahrscheinlich auch unabhängig vom Virus für das Studium entschieden.

Bei Rebekka habe es insofern eine Rolle gespielt, als dass sie während des Lockdowns bei ihrem Bruder gesehen habe – dieser absolviert ebenfalls eine duales Studium in der Finanzverwaltung –, dass der Online-Unterricht gut vonstatten gegangen sei. Dies habe sie, falls es noch einmal zu solchen Maßnahmen kommen sollte, bei ihrer Entscheidung bestärkt.

Yannis hingegen habe das Virus eher weniger geholfen, im Gegenteil. „Corona hat eine Möglichkeit, die ich mir vorstellen konnte, deutlich erschwert“, sagt er. Er habe sich vorstellen können, im Eventmanagement tätig zu werden. Durch die letzten zweieinhalb Jahre und aufgrund des Ausfalls vieler Events sei die Branche jedoch sehr instabil und unsicher geworden, was seine Entscheidungsfindung „nachhaltig beeinflusst“ habe.