Raus aus der Schule, rein in die Rakelkunst

Veröffentlicht am 9. März 2023

Europa-Gymnasium zu Gast bei Malvorführung mit Horst Wilmsen im Haus Kupferhammer.

Im Rahmen der Bildungspartnerschaft besuchte der Grundkurs Kunst Q1 des Europa-Gymnasiums die Ausstellung „Ideen, Träume, Wirklichkeiten“ von Horst Wilmsen im Museum Haus Kupferhammer. Unter der Leitung von Corinna Grote gab es die Gelegenheit zu einer zweistündigen Fortbildung in moderner Kunst.

Nach einem kurzen Rundgang durch den Raum mit den atmosphärisch dichten Montanbildern und den zweiten Raum mit den leuchtenden Farbfeldbildern à la Marc Rothko ging es in den großen Ausstellungsraum mit den Rakelbildern im Stil von Gerhard Richter. Der 81-jährige Horst Wilmsen aus Essen führte zuerst mündlich in die beliebte aber aufwendige Technik ein, mit der Gerhard Richter weltweit berühmt geworden ist.

Nach kurzer Theorie stieg er in einen Ganzkörper-Maleranzug – Ölfarbe kleckert –, brachte zwei Schülerinnen dazu, es ihm gleichzutun und stellte eine halbfertige Rakelarbeit auf die Staffelei. Dazu packte er Tuben mit Ölfarben, Palette, Leinöl, diverse Pinsel und Malmesser aus sowie drei unterschiedlich große Rakel. Während eines dreistufigen Farbauftrags erlebten die Schülerinnen und Schüler, die die verwendeten Farbtöne selber wählen durften, die Verwandlung des Bildes. Und durften teilweise selbst Hand an den Rakel legen.

Parallel dazu beleuchtete der Künstler die monetären Seiten eines gerakelten Bildes: Von den teuren Ölfarben, Preisen für belastbare Leinwände, über die langen Trocknungszeiten der Farben bis hin zu dem aktuell erzielten – und sicher diskutierenswerten – Preises von 24 Millionen Pfund für ein abstraktes Werk Gerhard Richters.

Auch haptisch konnten sich die Schülerinnen und Schüler anhand eines Beispiels überzeugen, wie schwer Farbe sein kann und wie eine Leinwand Schicht für Schicht an Gewicht zunimmt und so ein echtes Schwergewicht werden kann, das sich nicht mehr einfach mit zwei Nägeln aufhängen lässt.

Zum Schluss gab es noch eine feine Überraschung: Der Künstler schenkte das gemeinsam gerakelte und von ihm und seinen beiden Assistentinnen signierte Bild dem Kunstkurs. Es steht jetzt zum Trocknen im Museum und kann in etwa drei Wochen dort abgeholt werden, um im Europa-Gymnasium seinen Platz zu finden..

Das aufmerksame Publikum geht mit dem Wissen, dass Rakeln viel mehr ist als nur improvisiertes „über das Bild wischen“. Diese in der Nachkriegszeit entstandene abstrakte Kunst, die viele Jahre nur als Protest gegen gegenständliche Malerei galt, ist mittlerweile fest etabliert und hat viele Fans gefunden.

Es ist ein farbiges Spielen mit dem Raum, begrenzt, unbegrenzt, im Spannungsverhältnis von malerischer Autonomie und formaler Ordnung, und Horst Wilmsen spielt ganz vorne mit.

Die Ausstellung „Ideen, Träume, Wirklichkeiten“ läuft noch bis zum 30. April. Die Freunde und Förderer des Museums Haus Kupferhammer freuen sich auf weiterhin zahlreiche Besucherinnen und Besucher. Zusätzlich zu den normalen Öffnungszeiten an den Wochenenden bieten sie auf Anfrage interessierten Personen und Gruppen die Möglichkeit, die Werke von Horst Wilmsen auch während der Woche zu besichtigen.

Bericht aus dem Soester Anzeiger, 09.03.2023

 

Diesen Beitrag teilen: