„Der einzige Weg, großes zu leisten, ist zu lieben, was du tust.“ Mit diesem Zitat von Steve Jobs begrüßte Silke Gillhaus, die stellvertretende Schulleitung, die Schüler der Oberstufe am Europa-Gymnasium Warstein zu einer ganz besonderen Veranstaltung. Julja Linhof, Autorin und ehemalige Schülerin der Schule, besuchte die Jugendlichen und einige ihrer alten Lehrer, um über ihre Schulzeit sowie ihren Werdegang als Autorin zu berichten.
Bereits im Januar schrieb Julja Linhof an Silke Gillhaus eine E-Mail, um ihr später bei einem Treffen ihr eigenes Buch „Krummes Holz“ in die Hand zu drücken. Ihre ehemalige Lehrerin, die sich noch gut an sie erinnerte, freute sich sehr und lud sie ans Europa-Gymnasium ein, um ihre Geschichte zu teilen. Ziel der Veranstaltung war es nicht nur, die Schüler mit einem Beruf in Kontakt zu bringen, der eher untypisch und nicht wirklich bekannt ist. Ziel war auch, die Jugendlichen in ihren persönlichen Zukunftsvisionen zu stärken und ihnen Mut zu machen.
Zunächst erzählte die Autorin den Schülern, wie sie im Möhnetal aufwuchs und wie ihre Schullaufbahn aussah. „Gute Noten bekamen meine Eltern eher nicht zu Gesicht“, sagt Linhof, „ganz im Gegenteil, teilweise war ich sogar versetzungsgefährdet“. Schon damals interessierte sie sich für das Schreiben. Seltener las sie ein Buch. Darüber sagt sie selbst: „Schullektüren waren nichts für mich. Ich habe einfach selbst das geschrieben, was ich gerne gelesen hätte.“
Ihren ersten kleinen Erfolg hatte Linhof in der 11. Klasse. Aufgabe war es, eine Geschichte aus der gegenteiligen Perspektive zu verfassen. Sie freute sich über diese kreative Aufgabe und traute sich, ihre Version vorzustellen. Die Lehrkraft war überrascht, da sie eher zu den stillen Schülern zählte. Dennoch war die Lehrerin so begeistert, dass sie Kopien dessen für andere Klassen machte. Julja Linhof sagt: „Das war für mich ein stolzer Moment, der mich ermutigt hat, weiterzuschreiben“.
Auch im Abi war ihre Leidenschaft zum Schreiben von Vorteil. Sie meldete sich freiwillig für eine besondere Lernleistung. Dafür überarbeitete sie einen Roman, den sie in der 10. Klasse schon geschrieben hatte und reichte diesen ein. Nachdem sie ihr Projekt bei zwei Lehrpersonen, darunter auch Silke Gillhaus, vorstellte, erhielt sie die beste Note ihrer gesamten Schullaufbahn.
Anschließend ermutigte sie die Schüler, die sich ähnlich fühlen wie sie vor zehn Jahren. Sie appellierte: „Gebt der Schule nicht zu viel Macht über eure Leben, denn es gibt auch immer noch ein danach.“
Schließlich erzählte sie über ihren langen Weg dort zu stehen, wo sie heute ist. Da sie nie wirklich Vorbilder aus der Branche hatte und ihr wiederholt eingeredet wurde, „davon kann man doch nicht leben“, war sie verunsichert. Deshalb widmete sie sich ihrem zweiten großen Interesse, der Illustration. Nach ihrem Studienabbruch ging sie an die Schreibschule in Leipzig. Doch auch dort war sie unzufrieden. Laut Linhof passte sie dort einfach nicht rein. „Ich habe es nicht eingesehen, mich extra zu verbiegen.“ Nachdem sie 2022 durch eine Freundin auf eine Literaturagentin aufmerksam wurde, machte sie sich daran, ihren 2013 begonnenen Roman zu Ende zu bringen. Sie schickte ein Exposé mit einer Inhaltsangabe, generellen Infos und einer Leseprobe an die Literaturagentin Monika Kempf. Am nächsten Tag erhielt Linhof bereits die freudige Nachricht, dass diese das ganze Manuskript lesen wolle. Einige Angebote und schlaflose Nächte später entschied die Autorin sich schließlich dafür, ihr Buch über den Klett-Cotta Verlag zu veröffentlichen.
Im Februar ist ihr Buch „Krummes Holz“ erschienen. Leser können seitdem in die Welt des 19-jährigen Jirkas eintauchen. In einem Alter, in dem andere von zu Hause weggehen, um fürs Leben zu lernen, kommt er aus dem Internat auf den Hof seiner Familie zurück. Es ist ein Zuhause, in dem niemand auf ihn wartet. In dem alten Bauernhaus dominieren Gefühlskälte und Schweigen. Die depressive Mutter ist verstorben, vom gewalttätigen Vater fehlt jede Spur, Jirkas Schwester redet nicht mehr mit ihm. Und mit dem älteren Verwaltersohn Leander verbindet ihn ein Geheimnis. Die ersten Kapitel las sie der Schülerschaft mit Hilfe von vier Freiwilligen vor. Thematisiert wurden schließlich auch die letzten Seiten des Buches mit der Danksagung, in der sich auch Silke Gillhaus wiederfindet. Julja Linhof sagt: „Sie hat mir Mut gemacht, mich unterstützt und nie aufgeben lassen.“
Marina Luse, Warsteiner Anzeiger vom 20.11.2024
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