Eingeteilt in drei Gruppen wurden die Neuntklässlerinnen von den Lehrerinnen Miriam Degenhardt, Barbara Marx und Dagmar Wiethoff sowie Julia Maier, Sozialarbeiterin und tätig im Warsteiner Kinder- und Jugendtreff, Miriam Spielmann, Hebamme, und Olga Tropmann, Erzieherin und ebenfalls engagiert im Kinder- und Jugendtreff Warstein, betreut.

Obwohl das Projekt schon so lange fester Bestandteil der neunten Klasse ist, wird es jedes Jahr verändert. „Die Bedürfnisse der Mädchen ändern sich natürlich. Wenn wir alleine schon betrachten, was die Medien heutzutage neben ihren Vorteilen auch für Probleme und Schwierigkeiten mit sich bringen, ist das ein Punkt, über den gesprochen werden muss“, erklärt Miriam Degenhardt.

Deshalb gestaltete das Organisationsteam das Programm adressatenorientiert und tauschte dieses Jahr am ersten Tag das Medium Zeitschrift gegen Instagram aus. Am Montag drehte sich alles rund um die Fragen „Wer bin ich und wer könnte ich morgen sein?“. Die Teenager suchten auf Instagram Profile von typischen Frauenrollen mit Hilfe von Hashtags. „Wir haben mal #mutti eingegeben und uns angeschaut, welche Frauen Bilder mit solchen Hashtags posten und wie diese ihr Leben auf Social-Media präsentieren“, berichtete Barbara Marx. Denn, dass Social-Media für die heutigen Generationen eine wichtige Rolle spielt, ist den Betreuerinnen klar. Anschließend gingen alle Anwesenden in einen aktiven Gedankenaustausch: Wozu nutze ich Social-Media? Was poste ich und warum? Wieso habe ich mehrere Instagramkonten und wie wichtig sind mir Likes? Im weiteren Verlauf des Tages beschäftigten die Mädchen sich mit ihrem zukünftigen Lebensweg, den sie einander daraufhin vorstellten.

Der zweite Tag begann für die Beteiligten des Mädchen-Projekts mit einem gemeinsamen Frühstück. Anschließend wurde den Mädchen der Kurzfilm „Männerwelten“ von den Fernsehmoderatoren „Joko und Klaas“ gezeigt, in welchem Situationen thematisiert werden, mit denen auch junge Frauen schon konfrontiert werden: von unerwünschten Nacktbildern über die Reduzierung auf das Äußerliche und Sexualisierung von normalen Handlungen bis hin zum „victim shaming“.

Nach den erschreckenden Bildern und Geschichten berichteten die Schülerinnen und ihre Betreuerinnen in den Kleingruppen von ihren eignen Erfahrungen und überlegten anschließend, was man gegen sexuelle Belästigung im Netz oder auf der Straße und gegen die Angst im Dunkeln auf dem Nachhauseweg machen könnte. Unterstützt wurden sie dabei von einem Kriminalpolizisten, der die Mädchen darüber aufklärte, ab wann eine Handlung schon eine Straftat darstellt und wie sie diese, auch online, anzeigen können. Des Weiteren wurde das Thema Selbstverteidigung thematisiert und der Kriminalpolizist informierte die Anwesenden über legale Verteidigungsmittel und wie man anderweitig sicherstellen kann, dass man heile Zuhause ankommt. Die Empfehlungen und Tipps der Polizei fesselten die Mädchen: „Ich fand es echt interessant, als der Polizist uns über Selbstverteidigung informiert hat, weil man gemerkt hat, dass er da richtig Ahnung von hatte“, berichtet Marina und die weiteren Mädchen stimmten ihr nickend zu.

Die Gruppen machten Selbstwahrnehmungsübungen und die Betreuer forderten die Mädchen auf, laut und bestimmt zu sein. Alle stellten sich einander gegenüber und während eine Person den Abstand gezielt verringerte, musste die andere Person deutlich machen, wann sie sich unwohl fühlt.

Das Thema Kommunikation wurde im Folgenden mit Hilfe von Rollenspielen vertieft. Die Neuntklässlerinnen sollten versuchen, sich bei verschiedenen Kurzgeschichten in die unterschiedlichen Perspektiven der Betroffenen zu versetzen: Bin ich schuld, wenn jemand, dem ich vertraut habe, private Bilder von mir veröffentlicht? Was kann ich dagegen tun? Wie können Freunde und Freundinnen, Eltern und auch Lehrer und Lehrerinnern Opfern solcher Handlungen helfen?

Am dritten Tag lag der Fokus erneut auf dem Thema Kommunikation. Eingestiegen wurde mit Videos aus der Sendung „Knallerfrauen“. „Wir haben uns verschiedene Sequenzen angeschaut und uns dann gefragt: Was läuft da schief?“, schildert Miriam Degenhardt. Verschiedene Erwartungshaltungen und -muster wurden untersucht und hinterfragt. Die Mädchen entwickelten anschließend eigene realitätsnahe Rollenspiele zwischen Schüler und Lehrern, die sie „sehr leidenschaftlich und richtig, richtig gut“ präsentierten, so Degenhardt. In einer anderen Gruppe wurde vor allem die Sprache thematisiert: Wie reden die Teenagerinnen mit ihren Eltern und wie kommunizieren sie mit ihrem Freund oder ihrer Freundin? Barbara Marx erkundigte sich in ihrer Gruppe, ob es eigentlich cool sei, wenn Eltern und Lehrer so reden würden wie Jugendliche, was einstimmig und sehr energisch verneint wurde.

Zum Schluss verfassten die 32 Mädchen einen Brief an sich selbst, der ihnen beim Abitur überreicht wird.

Am letzten Tag der Mädchenwelten drehte sich alles um das Thema Liebe und Sex. Anders als im Sexualkundeunterricht konnten die Schülerinnen hier alle Fragen in kleinen Gruppen ohne Hemmungen stellen, auch anonym. „Hier steht am Ende keine Note, sondern einfach nur gewonnene Erfahrung, das macht einen großen Unterschied“, merkt Dagmar Wiethoff an.

Besonders der Punkt Verhütung spielte am Donnerstag eine entscheidende Rolle. Miriam Spielmann arbeitet als Hebamme und stand den Schülerinnen als Expertin Rede und Antwort. Sie erzählte: „Das ist für mich wie eine Reise zurück in die Vergangenheit, weil ich all diese Gedanken, Sorgen und Fragen früher auch hatte.“ An medizinischen Modellen wurden verschiedene Verhütungsmethoden und deren Auswirkungen auf den Körper erklärt. Auch Fragen wie: „Wer sorgt wofür?“ wurden geklärt und „wie verhüte ich wirklich sicher und schütze mich nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern auch vor Krankheiten?“.

„Natürlich finden die Mädels auch Antworten auf ihre Fragen im Internet aber das Besprechen mit Gleichaltrigen ist noch einmal etwas anderes“, stellte Barbara Marx fest. Bei dem Projekt ginge es an erster Stelle um die Selbstfindung, Fragen aus der Lebenswelt und zur Zukunft. Dagmar Wiethoff ergänzte: „Uns geht es um die Stärkung der Mädchen. Sie sollen merken: Ich bin mehr als nur Schülerin“. Das gesamte Projekt basiert auf Vertrauen, welches über die gemeinsamen Stunden immer stärker wurde. Aus jahrelanger Erfahrung wissen die Lehrerinnen, dass die Hemmschwelle ab dem dritten Tag schon deutlich gesunken ist und am vierten Tag selbst die intimen Fragen meistens nicht mehr anonym gestellt werden. Neben dem Programm sei diese Entwicklung aber auch den äußeren Umständen geschuldet: „Wir können aus unserer Rolle als Lehrer nur bedingt raus, deshalb bringen uns die externen Experten und die anderen Räumlichkeiten so viel“, berichtete Dagmar Wiethoff. Das Mädchenwelten-Projekt bereichert jedoch nicht nur die Jugendlichen, auch die Betreuer freuen sich jährlich auf das „andere Kennenlernen“ und das „viel miteinander und irgendwann auch übereinander lachen“. Dagmar Wiethoff als Oberstufenkoordinatorin weiß, dass der Schritt von der neunten in die zehnte Klasse des Gymnasiums ein großer Schritt für alle Schüler ist. „Die Klassenverbände werden aufgelöst und über die Sommerferien bekommen viele Neuntklässler Angst vor dem neuen Kurssystem, doch durch dieses Projekt lernen sich die Schüler vorher schon klassenübergreifend kennen und kommen erst gar nicht in die Position, Angst haben zu müssen“. haben“.

Besonders das Fachwissen der Experten fanden die Mädchen sehr beeindruckend und interessant. „Die praktischen Übungen sind bis jetzt sehr cool“, berichtete Dana und Lotta ergänzte: „Das macht es abwechslungsreicher.“