Wann herrscht „dicke Luft“ im Klassenzimmer? Bei der Beantwortung der Frage nach dem richtigen Zeitpunkt zum Lüften in den Schulgebäuden in Warstein soll jetzt sensible Technik helfen.
Im Rahmen eines Förderprogramms hat die Stadt Warstein 142 CO2-Warner für Bildungseinrichtungen gekauft, hinzu kommen noch 29 für Kindertageseinrichtungen. Unter anderem im Europa-Gymnasium Warstein sind bereits Messgeräte installiert worden – und die erste Bilanz nach den ersten Betriebstagen fällt durchwachsen aus, wie die stellvertretende Schulleiterin Silke Gillhaus erklärt: „Ich komme gerade aus dem Unterricht einer sechsten Klasse: Trotz dauerhaft geöffnetem Fenster blieb die Ampel auf gelb und wurde nicht grün…“
Dass die Kohlenstoffdioxid-Messegeräte überaus sensibel sind, hatte man bereits im Sekretariat des Europa-Gymnasiums festgestellt beim Probebetrieb unmittelbar nach der Lieferung: „Wir waren überrascht, wie schnell das Limit erreicht wird“, so Schulleiter Bernd Belecke – „schlechte Luft, die man so sonst nicht registrieren würde“. Er hofft, dass die Geräte nun dabei unterstützen, den richtigen Zeitpunkt fürs Lüften zu finden – und vor allem auch, im normalen, mitunter stressigen Unterrichtsalltag, überhaupt daran zu denken. Wie eine Ampel weist das CO2-Messgerät auf die Luftqualität im Raum hin – bei grünem Licht des schmalen Balkens am oberen Rand des Gerätes ist alles in Ordnung, dann folgt gelb als erster Hinweis und schließlich rot als deutliche Lüftungsaufforderung. Dabei werden Grenzwerte von 1 000 bzw. 2 000 ppm (Parts per Million) als fest einprogrammierte Grenzwerte genutzt. Unter 1 000 gilt die Raumluft als unbedenklich, zwischen 1 000 und 2 000 als auffällig, darüber dann als inakzeptabel, ist in der Fachliteratur nachzulesen. Seitens des NRW-Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung als Geldgeber für die Messgeräte heißt es, dass bei Überschreitung von 1 000 ppm gelüftet werden solle, bei mehr als 2 000 gelüftet werden müsse.
Neben dem Farbwechsel zeigen die Geräte auch mit großen Ziffern den aktuellen CO2-Wert in ppm an, außerdem werden die Temperatur sowie die relative Luftfeuchtigkeit gemessen.
Erste Erfahrungen mit der Luftqualitätsampel hat Silke Gillhaus bereits im Unterricht gemacht, denn inzwischen sind alle 36 Geräte im Gymnasium durch Hausmeister Mario Flügel aufgestellt, ans Stromnetz angeschlossen und in Betrieb genommen worden. Dass trotz eines immer geöffneten Fensters während eines Vormittagsunterrichts in einer sechsten Klasse am verregneten Donnerstag dieser Woche das gelbe Licht ständig leuchtete und nicht auf grün umsprang, irritierte sie. Die Konsequenz bei drei Grad Außentemperatur war, dass „die Hälfte der Schülerinnen und Schüler mit Jacken“ im Raum saßen: „Viele haben gefroren.“
Ob und wie sich die Geräte im Schulalltag bewähren, müsse sich noch zeigen, über die gemachten Erfahrungen werde man sicherlich auch in einer Lehrerkonferenz noch diskutieren: „Früher wussten wir ja garnicht, ob der CO2-Wert zu hoch ist“, so Silke Gillhaus. Ein Indiz sei es oft gewesen, wenn sich Müdigkeit in der Klasse breit gemacht habe – und auch damals wurde dann mit entsprechendem Stoßlüften gegengesteuert. Nun wird dieser Moment durch moderne Sensorik signalisiert, offenbar weit bevor der menschliche Körper auf die Folgen des zu hohen Kohlenstoffdioxid-Gehalts in der Luft reagiert. Die Schülerinnen und Schüler selbst würden die „Ampel“ im Klassenraum „spannend“ finden: „Viele hauchen da rein, um zu sehen, was passiert.“ Doch nicht nur in den Pausen widmen sie sich den CO2-Ampeln, auch im Unterricht würde aktuell – was angesichts der Neuerung nicht verwunderlich ist – dem Warngerät große Aufmerksamkeit zu teil.
Mario Flügel fürchtet nun, dass die häufig auftretenden Empfehlungen durch die Technik zu Fensteröffnungen – wichtig sei dabei das korrekte Stoßlüften – einen weiteren negativen Effekt haben könnten: „Wir werden viel Energieverlust haben“, so der Hausmeister mit Blick auf das zukünftig verstärkte Lüften. Und das sorge dann auch am Ende für höhere Kosten.
Foto/Bericht: Christian Clewing, Soester Anzeiger, 04.02.2023
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