Gymnasium führt zum 22. Mal „Mädchenwelten – Jungenwelten“ durch
Idealbilder, Problemzonen, Freundschaft, Liebe und Sexualität – Themen, um die sich das Leben von Jugendlichen in der Pubertät dreht. Bereits zum 22. Mal führt das Europa-Gymnasium das Projekt „Mädchenwelten – Jungenwelten“ mit den Mädchen und Jungen der Jahrgangsstufe neun durch, um sich genau über solche Themen auszutauschen.
„Man denkt automatisch, dass die anderen alle viel schöner sind als man selbst“, verriet eines der Mädchen am Donnerstagmorgen im Paulushaus. Hier verbringen die insgesamt 51 Mädchen der Jahrgangsstufe vier gemeinsame Tage und das Wichtigste: Ganz ohne die Jungs, denn die sind auch ganz unter sich. „Wir reden so viel offener und ehrlicher, wenn die Jungs nicht dabei sind“, freute sich Anna Clewing. Und auch die vier Lehrerinnen der Mädels wissen: „Die Mädchen tauen jeden Tag ein Stückchen mehr auf und das ist wirklich schön mit anzusehen.“
Am Montag, dem ersten Tag des Projektes, unterhielten sich die Mädchen über ihre Zukunft. „Wo sehe ich mich mit 30 Jahren?“, lautete der Leitsatz, nach dem Zeitstrahlen angefertigt wurden. Diese sollten alle „wichtigen“ Etappen des eigenen Lebens umfassen. „Es war interessant zu sehen, was sich die Anderen ausmalen“, erzählte Katharina Kwapp.
Am zweiten Tag stand die Kommunikation im Mittelpunkt. Anhand von Rollenspielen wurden Situationen nachempfunden, in denen man auch mal deutlich „Nein“ sagen sollte und insbesondere der Aspekt Frauenpower wurde thematisiert. Ein Highlight waren die anonymen Briefe an die Jungs: Was wollte man schon immer einmal loswerden?
Mit einem Brief an das „Zukunfts-Ich“ startete der dritte Tag der „Mädchenwelten“. „Ich habe überlegt, was ich mir selbst mit auf den Weg geben möchte“, verriet Maya Hamadeh. Die Mädels gaben sich gegenseitig Komplimente und sprachen über die eigenen Problemzonen.
Am vierten und letzten Tag des Projektes standen die Themen Freundschaft, Liebe und Sexualität im Vordergrund. „Die Gruppendynamik muss sich erst
entwickeln und am letzten Tag sind offene Gespräche kein Problem mehr“, erklärte Dagmar Wiethoff. Fragen werden anonym gestellt und gemeinsam beantwortet und „auch Verhütung wird als wichtiges Thema behandelt und ausprobiert“, erläuterte Julia Maier vom Kinder- und Jugendtreff.
Das einzig Negative am Projekt sei, dass es nur vier Tage umfasse, fanden die Mädels. „Wir haben täglich in lockeren Outfits zusammen gefrühstückt und viel über Selbstliebe und -akzeptanz dazu gelernt“, waren sie sich einig.
„Der perfekte Mann muss kein Muskelprotz sein, er muss Charakter haben“, resümierten die Jungs der Stufe eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt „Jungenwelten“.
Im Gemeindezentrum St. Pankratius. Bei ihnen ging es um Themen, die Jungs in der Pubertät beschäftigen. Cliquen, Gruppenzwang und auch Suchtthemen standen im Mittelpunkt. „In den Briefen von den Mädchen erhielten wir die Erlaubnis zu weinen“, schmunzelte Finn Wenzel. Insbesondere der Kontakt mit den Lehrern und Sozialarbeitern gefällt den Jugendlichen: „Wir sehen sie nicht mehr als Lehrer. Nicht nur wir öffnen uns, sondern auch sie“, fasste Leandro Ruthen zusammen. „Ich lerne noch viel von den anderen und weiß jetzt, dass ich mit dem Alkohol nicht übertreiben sollte“, gestand sich einer der Neuntklässler ein.
Neben der Reflektion des eigenen Ich´s und der Behandlung von Themen wie Sexualität, Freundschaft und Zukunft steht ein weiteres Anliegen der Schule ganz oben auf der Liste: Die Mädchen und Jungen sollen sich vor dem Gang in die Oberstufe nach den Sommerferien aus den gewohnten Klassenverbänden
lösen und die Lehrpersonen als Ansprechpersonen dazugewinnen.
Unterstützt wird das Projekt insbesondere durch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Warstein, Sylvia Lettmann. Neben den Lehrpersonen des Gymnasiums Dagmar Wiethoff, Kathrin Reinhardt, Miriam Degenhardt, Heike Wolf, Jan-Hendrik Möcker, Andreas Burger und Claus Finger werden die Neuntklässler auch noch von außenstehenden Personen begleitet. Das sind Julia Maier, Olga Tropmann und Jessica Zadach vom Kinder- und Jugendtreff sowie Miriam Spielmann, die als Hebamme arbeitet. Die Gruppe der Jungs wurde von den Dipl.-Sozialpädagogen Michael Budde, Marcel Rotermund und Andreas Plotz unterstützt.
Warsteiner Anzeiger, 6.3.20
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