Eine halbe Millionen Menschen weiblichen Geschlechts

Veröffentlicht am 20. November 2018

Vor seiner Lesung bei unserem Bildungspartner „Museum Haus Kupferhammer“ heute Abend hatten unsere EF-Schülerinnen und Schüler heute die Möglichkeit, mit Bernd Wagner in dessen Jugendzeit zu reisen.

Bernd Wagner ist ein berühmter Romanschriftsteller aus unserer Partnerstadt Wurzen in Sachsen. Nach seinem Erfolgsroman „Paradies“ (1997), der als „der große Roman der Wendezeit“ (DIE ZEIT) gilt, beeindruckte Wagner die Schülerinnen und Schüler mit Auszügen aus seinem neuen Werk „Die Sintflut in Sachsen“. In diesem Roman erfährt der Leser viel über das Aufwachsen Wagners als Kind der Nachkriegszeit im gerade erst geteilten Deutschland. Wie deutsches Leben und Erleben in der Zeit des Entstehens zweier deutscher Staaten sich entwickelte, erfährt der Leser sinnlich und bisweilen derb direkt durch Bernd Wagners Roman.

Facettenreich trug er seinen autobiographischen Heimatroman vor und konzentrierte sich dabei auf die Ausschnitte, die er erlebte, als er im Alter seines aktuellen Publikums war. So nahm die Schilderung seines ersten Großstadtbesuches 1964 in Ostberlin breiten Raum ein. Dort fand seinerzeit das „Deutschlandtreffen“  statt. Über 1 Millionen Jugendliche wurden in der Stadt versammelt, um das friedliche, überlegene Miteinander im Sozialismus der DDR zu feiern und zu beweisen. Wagners Geschichte allerdings offenbart die Widersprüche der Zeit. Sein Motiv zur Teilnahme waren weder die Demonstrationen und Fackelmärsche, noch eine übersteigerte Liebe zum Staat. Er überredete seinen Freund zur Teilnahme, indem er darauf verwies, dass „von 1 Millionen Teilnehmern ja mindestens eine halbe Millionen weiblichen Geschlechts“ sein müssten.

Nach der Lesung hatten die Schülerinnen und Schüler noch 45 Minuten Zeit für Fragen an den Wurzener. Breit gefächert waren die Fragen und Antworten. So wollte das Publikum beispielsweise wissen, was ihm in der DDR gefallen habe. „Das Miteinander“, so Wagner. Immer wenn Menschen aufeinander treffen, gäbe es gute Seiten des Miteinanders.

 

Zur Person: Bernd Wagner

1948 wurde Bernd Wagner im sächsischen Wurzen geboren. Nach einer Lehre als Rohbaumonteur und seinem Studium an der Pädagogischen Hochschule arbeitete er als Lehrer für Deutsch und Kunsterziehung in dem märkischen Dorf Schmachtenhagen. Nach dem Grundwehrdienst knüpfte er erste Kontakte zur Literaturszene.

1976 gehörte er zu den Unterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Seit 1977 veröffentlicht er Romane, Erzählungen, Kinderbücher, Essays, Gedichte und Dramen. Mehrfach wurde er ausgezeichnet.

Von 1982 bis 1985 war er Mitherausgeber der illegalen Literaturzeitschrift Mikado. 1985 wurde er von den DDR-Behörden nach Westberlin ausgebürgert, wo er noch heute lebt. Sein 1997 erschienener Roman Paradies wurde als „der große Roman der Wendezeit“ (Die Zeit) bezeichnet. An seinem neuen Werk „Die Sintflut in Sachsen“ arbeitete Wagner über zehn Jahre.

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