60 Jahre Schüleraustausch mit St. Pol

Veröffentlicht am 14. Oktober 2024

Marie-France Acquart Ehrenringträgerin Stadt Warstein

Marie-France Acquart will Partnerschafts-Idee weitergeben

60 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Warstein und St. Pol sind auch 60 Jahre Schüleraustausch zwischen den Gymnasien der beiden Städte. Darauf verwies Bernd Belecke, Leiter des Europa Gymnasiums, als er am Montag im Forum des Gymnasiums eine Delegation altgedienter Europafreunde begrüßte. Der Grund: Marie-France Acquart, Warsteins Ehrenringträgerin und Urgestein der Städtepartnerschaft, wollte mit einer 3000 Euro-Spende an die Dr. Ernst Grafe Stiftung eine finanzielle Unterstützung für kommende Schüleraustausche leisten. Die Weitergabe der Partnerschafts-Idee an junge Leute ist der 86-Jährigen sehr wichtig.

Kaum angekommen, ging Marie-France gleich auf Schülerinnen und Schüler zu und erkundigte sich, wie der aktuelle Austausch gelaufen sei und was man gemeinsam erlebt habe. „Ich muss immer sprechen“, verwies sie auf ihr Temperament. Ihr Bedürfnis, viel zu reden, sei naheliegend: „Als ich jung war, war ich Oberstudienrätin am Gymnasium in St. Pol und lehrte Geschichte.“ Heute sei sie zwar „eine Antiquität“, aber wolle die Begeisterung für die Partnerschaft weitergeben. Dazu biete sich das 60-Jährige an. Das sei schließlich so etwas wie die „Diamantene Hochzeit unserer Partnerschaft“. Ihr „kleines Geschenk“ möge helfen, in den nächsten Jahren einigen Schülerinnen und Schülern die Reise nach St. Pol zu ermöglichen. „Und ich hoffe, dass diese Jugendlichen dann über ihren Aufenthalt erzählen und sich vielleicht später auch an dieses Glück erinnern.“

Träumen von Frieden und Freundschaft

Für Marie-France Acqart, die von Anfang an dabei war, ist Warstein zur „zweiten Heimat“ geworden. Die dreifache Mutter, zwölffache Großmutter und Urgroßmutter von acht Enkelkindern ist – nachdem Sylvain Macrez eine erste Partnerschafts-Chronik erarbeitet hatte – Autorin des zweiten Teils, der 2014 herauskam. Doris und Franz-Josef Berghoff hatten seinerzeit die Übersetzungsarbeiten übernommen. Auch bei diesem Thema schaut Marie-France Acquart in die Zukunft. „Wer von euch macht denn wohl die dritte Chronik?“, fragte sie in die Schüler-Runde. Auf ihrem T-Shirt hatte sie die Friedenstauben von Pablo Picasso abgebildet. Jungen Leuten aus beiden Städten, „die von Frieden und Freundschaft träumen“, legte sie das Gedicht von Hermann Hesse ans Herz, das dieser 1941 geschrieben hat: „Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne… Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“

Bernd Belecke hob in seinen Dankesworten auf die Bedeutung des Schüleraustausches ab. „60 Jahre – das fällt nicht vom Himmel!“. Er nutzte die Gelegenheit, allen Lehrkräften zu danken, „die sich da reinhängen“. Das sei nicht selbstverständlich. Die Kontakte seien wertvoll. „Die Freundschaften halten teilweise ein Leben lang.“ Deutschland und Frankreich hätten ihre Erbfeindschaft überwunden. „Vielleicht bietet sich dieses Modell in Zukunft auch für andere an, um Beziehungen wieder zu kitten“, verwies er auf die aktuell kriegsführenden Länder. In Sachen Städtepartnerschaft wandte auch er sich direkt an die Jugendlichen: „Dies in Zukunft zu pflegen, dafür seid Ihr dann verantwortlich!“

Als „Finanzminister“ der Dr. Ernst Grafe-Stiftung begrüßte Bernd Belecke Klaus Schrewe, der in wenigen Worten schilderte, dass der frühere Warsteiner Zahnarzt sich zu Lebzeiten auch wegen eigener Kriegserlebnisse zu einer Stiftung zu Gunsten des Gymnasiums und damit für die Jugend entschlossen hatte. Und er berichtet von einem eigenen kürzlichen Erlebnis. In Schengen, am „Schmelzpunkt Europas“, habe er wieder Grenzkontrollen erlebt. „Damit so etwas wieder abgebaut werden kann, auch dafür steht die Stiftung“, sagte er.

Bürgermeister Thomas Schöne verwies ebenfalls auf die Kriegshandlungen in der Ukraine und Isarel, die überwunden werden müssten. Mit einem „Vive l‘amitié“ – es lebe die Freundschaft – dankte er allen, die sich für die Partnerschaft und damit für den Frieden engagieren. WEF-Vorsitzender Helmut Schulte schließlich fand die richtige Sprache, um die Spendenübergabe zu umrahmen – die Sprache der Musik. Aus den Anwesenden formte er einen Chor, griff in die Tasten und ließ von „Sur le pont d`Avignon“ über „Frère Jacques“ bis „Champs-Elysées“ bekanntes französisches Liedgut gemeinsam singen.
REINHOLD GROSSELOHMANN, Warsteiner Anzeiger, 8. Oktober 2024

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